von Detroit nach San Francisco

Detroit – SF: vorweg

Dazwischen liegen nicht nur 3.861 km, ein Autokauf, zwei Monate und ca. 12.000 real gefahrene Kilometer, oh, nein!
Dazwischen liegen Säcke voll Erfahrungen, voll Staunen und Wundern! Tage schlechter und guter Kost. Viele Begegnungen mit offenen, freundlichen Menschen bei meistens gutem Wetter. Und viele, viele noch nicht geschriebene Blogartikel! 🙂

Detroit – SF: zuvor

San Francisco, Californien, die Stadt überhaupt! Eine riesige Stadt, mit ordentlich viel Multikulti. Ich fühlte mich hier, besonders als Ex-(Wahl)Hamburgerin, sofort wohl. Das Wetter ist meist so, wie man es von Californien, San Francisco, als nicht informierter Außenstehender nicht erwartet: wechselhaft, kühl und nebelig!
Ja, die Postkarten von der Golden Gate Bridge scheinen allesamt gründlich mit einem Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet oder sie sind an diesem einen Tag im Jahr aufgenommen, an dem freie Sicht war. Vielleicht haben wir da im Vorfeld nachlässig bis gar nicht recherchiert, aber bei „California Beach“ , da hatten wir ewige Sonne am heißen Strand vor Augen. Die durchaus charmante Realität vor Ort ist eine andere. Der Pazific, hier längs der kalifornischen Küste, steht unter dem Einfluss einer kalten Nordpazifikströmung und hält sich so erfolgreich die Badenden vom Leibe. Selbst die taffen Surfer tanzen ausschließlich im eleganten Neopren auf den Wellen, zumindest jetzt im Juli. An der Küste und in der San Francisco Bay Area beträgt die Sommertemperatur durchschnittlich 17°-19°C und immer wieder wabern feucht-kalte Nebelschwaden vom Ozean ins Landesinnere. Dafür friert es hier nicht im Winter und das hat zur Folge, dass die schönsten Pflanzen, Kräuter und Bäume hier bis in den Himmel wachsen, einfach wunderschön! In Berkeley, der bekannten Universitätsstadt, ebenfalls in der San Francisco Bay Area gelegen, wachsen die schönsten Pflanzen, Lilien, Orchideen, alle möglichen Arten von Sukkulenten (das sind dickfleischige Pflanzen, wie z.B. der Geldbaum) einfach so am Straßenrand und lassen zusammen mit den üppigen Bepflanzungen der Vorgärten dem Fußgänger gerade noch ein enges Spalier mit aromatischen Düften.
Fast alles an Gemüse und Obst, von der Avocado bis zur Zitrone, gibt es hier das ganze Jahr über regional zu kaufen, in zunehmendem Maße „organic“ (aus biologischem Anbau). Es ist eine sinnliche Freude, sich über die Farmersmärkte zu naschen. Auch einige Einkaufsmärkte sind paradiesisch. In Berkeley ist es zum Beispiel der „Berkeley Bowl Markt“  , der ganz viele seiner Waren, von der Erdnuss über Nudeln bis zur Erbse, vom Käse bis zum Kaffee, lose anbietet. Eine unendlich große Auswahl! – Nach fast 2 Monaten quer durch die Staaten, glaubt man hier, man ist im Paradies gelandet!

Und dann dieses San Francisco, so viele Kulturen, so groß, so viele Gegensätze und Möglichkeiten, eine wundervolle Stadt! Hier oder im Umfeld könnte ich mich sofort niederlassen. Dazu die bekannten, eindrucksvollen Attraktionen, von der Golden Bridge, der Cable Car, der Fisherman´s Warft und: nach drei Wochen kann ich nicht aufhören darüber zu staunen, diese Straßen!
Die Straßen sind hier tatsächlich so steil, eigentlich noch steiler, als es in den vielen Spielfilmen und Serien immer den Anschein hat. Jedes Mal, wenn wir irgendwo „oben“ angelangt sind, stockt uns der Atem, da man für Sekunden (wahrscheinlich nur Bruchteile von) nicht sehen kann wo, und ob überhaupt, diese Straße weitergeht, so senkrecht geht es wieder nach unten. Eine Lektion in Sachen Urvertrauen. Ich habe mich des öfteren dabei ertappt, dass mir, normalerweise völlig betriebsferne Themen, durch den Kopfgehen: sowas wie funktionierende Bremsen, genügend PS-Zahlen und innerliche Freude über das Automatikgetriebe beim jedem Stop und Go bergauf.
Auch ist es ein beeindruckender Anblick, dieses schnürchengerade Hoch und Runter der Straßen, das fast immer mit einer kleinen Überraschung auftrumpft am Ende, ein besonders schönes Gebäude, eine kleine grüne Oase, der Bay-Area oder dem Pacific.
Auch überraschend, der Wetterwechsel innerhalb von San Francisco. (Das Wetter ist eben ein ergiebiges Thema). Während man sich im Golden Gate Park wünscht, man hätte Fließjacke und Socken angezogen, entspannt man sich Downtown in der Sonne. Während die Twin Pieks (die beiden höchsten Erhebungen ca. 276 m in San Francisco) zusammen mit der Golden Gate Bridge von wabernden, tiefliegenden Wolken verhangen sind, ist der Himmel im Castro-Viertel knallblau.
Witzig daher, die unterschiedliche Kleiderwahl der Passanten zu beobachten. Da sitzt dann eine Frau, mit schwarzem Rollkragen, wattierte Jacke und Fellstiefeln neben Dir im Bus und direkt daneben steht eine weitere Frau im schulterlosen Sommermini mit Flipflops. Für uns, vor der Fahrt mit dem BART (der S-Bahn von der Ostseite der Bay nach SF), hieß es also, genau zu überlegen, was anziehen, um in möglichst vielen Regionen, tagsüber möglichst komfortabel herumzustromern zu können. Das morgendliche, recht kühle East-Bay-Klima von Berkeley muss auch noch mit rein, in die Überlegungen.
Unser Auto haben wir übrigens in der 2. Woche in San Francisco erfolgreich über  Craigslist (ähnlich ebay oder mobile.de) verkauft. Jetzt heißt es, in Sachen Gepäck und Einkauf wieder: weniger ist mehr!

Detroit – SF: davor

Zurück zum Titel (und in der Zeit), da war doch noch Detroit, Michigan, ganz zu Anfang unserer Reise. Traditionsgemäß haben wir, in der Autostadt Detroit, genau hier auch unsere altes Chrysler Cabrio erstanden. Wohl wissend, dass dies ein unkalkulierbares Risiko darstellt, mit einem alten Gefährt durch die USA zu reisen. Das Happy End vorweg, es hat geklappt und wir bereuen es nicht, trotz einiger Widrigkeiten. Sehr speziell war der Totalausfall des Schließzylinders für die Zündung mitten in den Rocky Mountains, immerhin eine Möglichkeit, die Hilfsbereitschaft der Ranger dort näher kennenzulernen, sowie eine Fahrt in einem echten Rangerjeep mitzuerleben. Hierbei mußte ich allerdeings den Beifahrersitz mit einer mittelgroßen, schlechtriechenden, freundlichen Hundepromenadenmischung teilen (“He´s used to it, you know, his place!”).
Detroit erkläre ich am besten mal von Colorado aus. In einer der gemütlichen Micro Breweries, das sind kleine Hausbrauereien mit einer ungewöhnlich breiten Palette an Lagerbieren, Stouts, Pal Ales usw., haben wir ein charismatisches Paar aus Michigan getroffen, die sich doch tatsächlich bei uns für Detroit entschuldigt haben. Ich denke, das hat Detroit nicht verdient. Nein, es hat keine besonderen Touristenattraktionen. Es hat einen langen, schönen Wanderweg entlang des Detroit River. General Motors hat im Herzen Detroits einen riesigen Glaspalast als Firmengebäude, Ausstellungsraum und Einkaufszentrum hingepflanzt. Ein großes Spielcasino und eine kleine alte, griechische Gasse sind die offensichtlichen Anziehungspunkte, für die recht geringe Anzahl an Touristen.
Nicht zu vergessen der „People Mover“ eine Bahn, die in einem überschaubaren Umlauf einmal durch die Downtown von Detroit führt. Das einzige öffentliche Fortbewegungsmittel. Auf der höchstens 15 minütigen Rundfahrt sieht man viele leer stehenden Gebäude und große, breite, leeren Straßen! Fast geisterhaft mutet es an. Ganz nebenbei, diese Bezeichnung „People Mover“ hat mich fasziniert. Eigentlich ist ja jedes Gefährt eine Art „People Mover“, wobei dies, ins Deutsche übersetzt noch lange nicht heißt, dass es die Leute bewegt, wenn sie darin bewegt werden.
Zurück zum Paar aus Michigan. Ich finde es schade, dass sie sich für Detroit entschuldigt haben. Natürlich habe ich die Tristesse, die verlassenen und zerfallenen Gebäude und die leeren Straßen auch gesehen. Aber das alles schreit doch auch geradezu nach Kreativität und Leben, so jedenfalls mein Eindruck. Wirklich einmalig. Städte wie New York, San Francisco und auch Chicago sind voll Leben und gelebter Lebenskunst, Städte, die inspirieren, nur zu gern gibt man sich hin, lässt sich anstecken oder treiben. Detroit ist da anstrengend, denn es verlangt neuen Ideen! Es sollte sich auf keinen Fall wieder einseitig in die Hände einzelner (Automobil)konzerne begeben. Gerade dieses unbequem Fordernde macht Detroit zwar nicht so interessant für Kurzbesuche, aber doch um so interessanter für Menschen mit Ideen, Idealismus und Energie, um hier etwas zu bewegen, etwas Neues nach den eigenen Vorstellungen anzufangen. Detroit also eher voll Potential statt voll peinlich.

Detroit – SF: hinterher

Nicht nur, dass ich nicht die chronologische Reihenfolge eingehalten habe, ich habe auch über viele Dinge nicht geschrieben. Damit könnte ich jetzt schon ein bis zwei Bücher zu füllen. Da aber auch ein Jahr nicht ewig zu sein scheint, konzentriere ich mich lieber aufs Erleben, aber nie ohne meine täglichen, kurzen Notizen, damit mir nichts durch schnöde Vergesslichkeit verloren geht.
Ich könnte mehr- oder weniger hilfreiche USA Reisetipps schreiben, die vom Straßenverkehr bis zur ausgiebigen Motellogy (die Lehre von den Erfahrungen vieler Motel-Übernachtungen) reichen würden; von Restaurants, den Restrooms (Toiletten), von Bars, den Einkaufs- , den Farmersmärkten und den allgegenwärtigen, wöchentlichen Garage Sales (Garagen-Flohmarkt).
Ich schreibe über meinen Besuch einer Firma, die Kräuteressenzen herstellt oder dem Besuch einer Pistazien- und Mandelfarm.
Die Seiten würden sich wie von selbst (haha) füllen mit meinen Beobachtungen: vom Essverhalten und dem green-organic desire (Tendenz steigend) der Amerikaner; von vielen kuli- und anti-kulinarischen Eigenversuchen und von den unglaublichen Eindrücken, die dieses riesige Land, mit seiner faszinierenden Natur zu bieten hat!
Natürlich wären auch viele kleine Einzel-Episoden dabei, Geschichten, die das Leben hervorzaubert, wenn man mit liebevollem, offenem „german mind“ auf amerikanische Bräuche stößt und wenn man an touristischen Orten auf die ganze Welt stößt.
Und wisst Ihr was? Die USA ist ja nur ein Teil unserer Reise, schon bald, im August, geht es weiter Richtung Datumsgrenze und drüber, dann bin ich gleich wieder einen Tag älter und eile der heimatlichen Zeit mit abnehmender Distanz voraus, oder ähnlich … Und immer werde ich Land und Leute unermüdlich „aussaugen“ und berichten, in aller 140-Zeichen-Kürze auf Twitter unter @genugda , mit gelegentlichem Foto auf Facebook , persönlich per Mail, hier im Blog (von Zeit zu Zeit;-) und wer weiß, vielleicht fange ich wirklich ein Buch an, wenn ich wieder zurück bin.