Ich habe ein Verhältnis

Wann immer ich die Gelegenheit habe, mir direkt Ernte und Herstellungsprozesse eines Nahrungsmittels vor Ort anzuschauen, bin ich dabei!
Es fasziniert mich und gibt mir jedes Mal auf´s Neue eine frische Portion Achtung und Wertschätzung für die Lebensmittel, die mich im Alltag satt und fröhlich machen.
Ich kann es nur empfehlen! Nutzt jede Gelegenheit, die sich bietet, Zeuge solcher Prozesse zu sein:
schauen, staunen, probieren, mitmachen und fragen bis die Neugier gesättigt ist. Sehr gut geht das natürlich im Urlaub, hier hat man Zeit und Muße für solche  Sachen! Ich habe festgestellt, Nahrungsmittel, die ich auf diese Weise kennengelernt habe, zu denen habe ich geradezu ein inniges Verhältnis.
Voller Wertschätzung und Achtsamkeit gehe ich damit in der Küche zu Werke und merke, wenn z.B. Olivenöl so klar und grün leuchtend in das weiße Schälchen fließt, wie dieser leicht dümmlich-verliebt-lächelnde Ausdruck mein Gesicht beherrscht. Kennt Ihr das auch?
Falls nicht, unbedingt kennenlernen! Ähnliche Effekte rufen auch die Verarbeitung von selbstgeernteten und/oder selbst angebauten Gemüse oder Früchten hervor.
Ein befriedigendes und zugleich leicht euphorisches  Gefühl ist das, ein bisschen wie „verliebt sein“. Man bekommt  ein Gefühl für diese Nahrungsmittel und das wirkt sich im Umgang und beim Einkauf sehr positiv aus.
Gerade jetzt, wo es auf den Herbst zugeht, ist die Gelegenheit günstig, sich dieses Gefühl immer wieder zu verschaffen! Sei es durch selbstgepflückte Holunderbeeren, aus denen man Saft oder Likör machen kann; Wilde Hagebutten für die Marmelade; eine Fahrt in die Weingegend zur Weinlese; oder im November zur Olivenernte und – pressung nach Griechenland; …
Letzteres habe ich vor kurzem erlebt, leider nicht genau zur Ernte. Aber ich habe die stolze Besitzerin einer kleinen Olivenplantage kennengelernt, Elefteria D., die Mutter einer Bekannten auf Rhodos. Sie strahlte über das ganze Gesicht, während sie mir dreisprachig von ihren Oliven erzählte und wir das Öl verkosteten. Ein Foto-Streifzug durch die Olivenbäume rundete das kleine Abenteuer ab!  85 Bäume, alle zwischen 15 und 20 Jahre alt! Schönste, grüne Koronéiko-Oliven! Ungefähr 500 Kilogramm werden auch dieses Jahr im November in die aufgespannten Netze mit Stangen von den Bäumen geschlagen. Das ergibt dann rund 170 Liter feinstes, grünleuchtendes, klares Olivenöl, mit sanftem Olivenaroma! Das reicht für den Eigenbedarf ihrer Familie, für zwei Tavernen in der Nachbarschaft und ab und zu einmal für so begeisterte Gäste, wie wir es in diesem Jahr waren.
Wir haben unser kostbares Geschenk sorgfältig in einen kleinen Kanister gefüllt, in unsere Koffer verstaut und dann mit Spannung und Sorge die Ankunft unserer Koffer auf dem Gepäckfließband des Hamburger Flughafens erwartet. Vor unseren Augen spielten sich bereits die fettigsten Szenarien auf diesem Fließband ab, gewürzt mit der Vorstellung, dass auch die Honiggläser, die rüpelhafte Behandlung am Flughafen nicht überleben werden: erste Gepäckstücke klebten bereits auf der Unterlage, aber nur in unserer Vorstellung zum Glück!
Zu Hause haben wir das kostbare Grün dann in schöne, dunkle Glasflaschen gefüllt und mit selbst gemachten Etiketten versehen. Hach, einfach wunderbar!
Nun überlege ich mir, mit wem ich diese Kostbarkeiten teile und vor allem, was ich alles Schönes damit anstellen werde. Auf jeden Fall: habe ich wieder ein Verhältnis mehr!

Jenseits von Gyros

Klingt wie der Titel eines Westerns oder? Einige Parallelen gibt es wohl, von wegen die Guten und die Bösen. Obwohl, ist es wirklich böse, Gyros mit fettigen Pommes zu servieren? Das beurteilt am besten selbst.

Dies hier ist ein kleiner Blogartikel, kein Film, kein Roman und er handelt von einer kulinarischen Spurensuche auf Rhodos. Fernab durchgekauter Gyros-Pommespfade oder hochpreisiger Luxusküchen. Es geht hier um meine ewige, neugierige Suche nach ehrlichen, natürlichen und einfachen Gerichten. Voller Geschmack und Lebensfreude! Es geht um Irrfahrten in die entlegensten Bergdörfer und in die dunkleren Ecken von Rhodos Stadt; um angeregte Gespräche mit und ohne sprachliche Gemeinsamkeiten.

Hier verkünde ich hoffnungsfroh: es gibt sie selbstverständlich auch in Griechenland, die frische, leichte, fleischlose und natürliche Küche! Angefangen bei den Startersalaten, wo schon der Geschmack der Tomaten zusammen mit dem Olivenöl alle Sinne auf´s Äußerste verzückt. Findet man die richtigen Orte, so stellt man fest, dass hier kaum jemand versuchen würde, diese natürlichen Köstlichkeiten unter einer dicken, cremigen Salatsoße zu verbergen.

Weiter geht es mit den Saganaki-Speisen, das sind Leckereien in einem Pfännchen mit Schafskäse und Tomaten überbacken. – Ich korrigiere, das können besagte Leckereien sein.
Mir sind Saganaki-Pfännchen begegnet, da hätt ich mich gleich reinsetzen können. Die typische Saganakimischung waren kleine, frische Tomatenwürfel, viele frische Kräuter, Schafskäse und Olivenöl. Je nach Gericht noch mit Knoblauch und Chili abgeschmeckt. Keine Ähnlichkeit mit der weißgesprenkelten, undefinierbaren, rote Masse, die in unseren hiesigen Hellas-Tempeln, mal Garnelen, mal Schafskäsescheiben unter sich begräbt. An den Originalschauplätzen beherrschen das die entlegensten, einfachsten Tavernas. Ok, die Voraussetzung ist, mutiges verlassen ausgetretener Touristen-Pfade.

Manchmal, wenn etwas gar so raffiniert und lecker ist, empfiehlt es sich, hartnäckig und unbeachtet aller Sprachbarrieren nach dem Rezept zu fragen. So geschehen bei den Zucchinipuffern. Fast kloßartig dick, kross und mit stacheliger Optik lagen sie tiefbraun auf dem Teller. Außen knusprig und innen saftig mit ungewöhnlicher Geschmacksharmonie! Da hielt es mich nicht länger auf dem Tavernenstuhl. Zunächst fragte ich brav bei der Bedienung nach, die dann freundlich hilflos den Chef des Hauses herbei rief: Michalis. Nach ausgiebigem Lob zückte ich erwartungsvoll den Stift und notierte: Zucchini, Zwiebeln, Petersilie, Salz und Pfeffer, Ei und Mehl.– Hm, ist ja irgendwie weder Hexenwerk noch entdeckte ich den Pfiff. Sollte es so einfach sein, lieber Michalis? Ich blieb hartnäckig: ja, in viel Olivenöl, nicht allzu heiß, verriet er und:.. ein Gewürz, griechisch: Diosmos. Weder er noch ich wussten eine englische oder deutsche Übersetzung (= Pfefferminze). Ist also einzig dieses Kraut verantwortlich für das kleine Geschmacksfeuerwerk? Herausgeschmeckt habe ich es jedenfalls nicht.
Etwas später, rief Michalis mich in die Küche und ich konnte sie kennenlernen, die Urheberin meiner auserwählten Köstlichkeit: Irena, die Köchin. Lächelnd entsaftete sie gerade die geriebenen Zucchinistreifen. Sie sprach sogar ein wenig deutsch und so nahmen die Puffer mit jedem Arbeitsschritt endlich Geschmack an, auch in meinen Notizen. Vor allem spürte ich, dass sie die wichtigste Zutat bereits in sich trug, die Freude an den Produkten, der Zubereitung und auch daran, ihr Rezept mit mir zu teilen.

Zucchinipuffer - Michalis - Irena Neugierig? Hier die Adresse: Restaurant Metaxy mas – Ouzeri – Kleine Pepperstreet 113-115, Rhodos-Stadt

In loser Folge gibt’s hier weitere kulinarische Reisegeschichten. Wir lesen uns!