Staubig und unübersichtlich begann unser Ausflug nach Lautoka, Sugar-City. Hier wollten wir uns genau dieses süße Herz von Fiji, die Zuckerfabrik, bzw. eine der vier Zuckermühlen der Fiji Sugar Corporation, einmal näher anschauen.
zuvor
Allein die Terminabsprache dauerte letztendlich eine Woche, mal war der Manager im Meeting, mal lief die Mühle nicht, mal hatten wir was anderes vor. Mit einem Termin, 10 Uhr morgens, ohne Ansprechpartner und mit einer ungefähren Angabe, wann wir aus dem Bus raus mussten, machten wir uns auf den Weg. Bushaltestellen gibt es schon, aber sie haben keine Namen, oftmals sind sie auch nicht als solche zu erkennen, es scheinen lediglich Stellen, wo die Leute öfter als sonst ein- und aussteigen. Sie halten hier auch auf Wunsch, was uns aber in der konkreten Situation nicht weiterhilft. Das Fabrikgelände ist groß und von außen ist absolut nicht ersichtlich, wo denn nun der Haupteingang oder gar ein Verwaltungsgebäude ist. Viel zu spät, wie sich später herausstellte, verließen wir den ungefederten und fensterscheibenlosen Bus. Wir entschieden uns, falsch, für das nächst beste Tor, durch das Lastwagen mit ihrem Zuckerrohr hineinfuhren. Die Straße war unbefestigt, der Hof erst recht, seit Tagen hat es nicht geregnet, also Staub ohne Ende. Mittendrin ein kleines besetztes Pförtnerhäuschen. “Bula!”- “Bula!” “we have an appointment here at 10h to visit the sugar mill.” hoffnungsfrohes Lächeln hier, freundliches Lächeln zurück. Moment. Anruf. Dann:”wait here, please!” – Aus der staubigen Ferne sahen wir bald einen rundlichen Mann langsam auf uns zukommen. Nach einiger Zeit, Bula! Händeschütteln, unser Text. Sein Text:”…not here. Must go out … left, not the next gate, go more left… then.” Alles war einigermaßen klar. Ganz klar ist hier selten eine Ortsangabe. Das liegt zum Teil oft an dem recht unverständlichen Fiji-englisch, aber zum anderen auch daran, dass man hier einfach keine exakten Angaben mag, oder nicht macht, was weiß ich. Es ist ähnlich wie mit den Bushaltestellen, nix genaues hat man eben gern.
Bis wir dann endlich dort waren, wo man sich richtig um uns kümmerte, gab es noch einige kurze Dialoge und wirklich viel Staub!
kurz davor
Nun sitzen wir, blaubehelmt, vor einer Baracke auf der Bank und wissen eigentlich wieder nicht, wer sich wann und ob sich überhaupt jemand um uns kümmern wird, wir sind aber optimistisch.
Zwischenzeitlich gab es aber genug aufzuarbeiten, denn immerhin sind wir schon durch einige Büros geführt worden, bekamen einen Helm, Besucherausweise und einiges zu sehen… Da kamen uns automatisch die Arbeitsbestimmungen für deutsche Büroplätze in den Sinn, diejenigen, die zum Beispiel regeln, wie die Stühle beschaffen sein müssen um Rückenschäden zu vermeiden, wie Bildschirmhöhe und -winkel ausgerichtet sein müssen um die Augen zu schonen, usw. Ich vermute, bevor in diesen Büros die Augen tränen und der Rücken schmerzt, was bei dem alten und zerschlissenem Gestühl bestimmt recht schnell der Fall sein wird, steht man hier einfach auf und dreht ‘ne Runde, macht Pause, trifft sich mit Kollegen oder verrichtet Anderes. Gestressten Mienen sind wir jedenfalls weder in der Fabrik noch in den Büros begegnet, ganz im Gegenteil. Gerade, als wir die grausame Vorstellung, wieviel Zucker auf diese Welt einrieseln würde, stellte man allein diesen Betrieb auf größtmögliche Effizienz um, genussvoll ausschmücken wollten, kam ein schmächtiger Inder, Samy, mit Helm und Safty Weste auf uns zu, um uns zum Headquater Office zu bringen. Es unterschied sich nicht groß von den anderen Büros, also nichts von wegen “Teppichetage”.
Hier stellt man offensichtlich neues Personal ein, hält Schulungen und die Sicherheitsabteilung ist auch integriert.
es geht los – die Einführung
Wir wurden kurz aufgeklärt: 1870 fanden auf den Fijis die erste professionelle Zuckerherstellung statt, diese Zuckermühle in Lautoka gibt es schon seit 1926, die FSC (Fiji Sugar Corporation) besitzt heute 4 Zuckermühlen auf den beiden Hauptinseln. Das Zuckerrohr wird mit LKWs und hauptsächlich mit der kleinen Zuckereisenbahn, Cane Trail, von den entfernt gelegenen Feldern der ganzen Insel bis zu den Mühlen hin transportiert. Das einzige Schienennetz auf den Fijis und nur für Zuckerrohr. Mit kleinen Dieselloks werden nummerierte Wägelchen voll beladen zu den Mühlen gebracht. Die Felder werden meist noch mit der Sense geerntet. 5-7 Jahre kann man, einmal im Jahr, die Rohre schneiden, dann heißt es roden und neue Sprossenstücke aussetzen, aus denen in Turbogeschwindigkeit neue Halme wachsen.
Die Zuckerindustrie ist für Fiji der wichtigste Exportzweig und so gibt es im Parlament dafür extra einen Zuckerminister.
Das Zuckerrohr wird bei den Mühlen angeliefert, gewogen und klein geschreddert, so dass das Mark frei liegt. Dann kommt diese Masse in riesige schwere Mühlen und dort wird der Saft ausgepresst. Die Faserreste, die Bagasse, wird zur Energiegewinnung der Mühle verwendet. Der Saft wird im nächsten Prozess erhitzt und durch Zugabe von Kalk von Verunreinigungen befreit. In mehreren Prozessen wird der klare Saft, durch Erhitzen und Verdampfen von Wasser, konzentriert. Haben die Kristalle eine bestimmte Größe und Konzentration erreicht, wird dieser Sirup erhitzt und zentrifugiert. So oft, bis es sich nicht mehr lohnt. Der “unbrauchbare” Rest wird direkt weitertransportiert zur nahe gelegenen Rum- Destillerie. Der Rohzucker wird in einer Trommel mit heißer Luft getrocknet, abgekühlt und dann für den Transport verpackt. In 2010 wurden 2,2 Millionen Tonnen Zuckerohr geschreddert und daraus 167.611 Tonnen Rohzucker gewonnen.
Nach diesem Vortrag, mit flüchtigen Kritzeleien auf der Tafel untermalt, gesellte sich noch eine Gruppe von sechs Franzosen zu uns. Leider verstand nur eine Frau ganz wenig englisch, was die Kommunikation fast unmöglich machte, aber immerhin die Wiederholung der Einführung auf zwei Sätze abkürzte.
es geht los – der Rundgang
Dann ging es endlich ab in die Mühle. Mit unserem reizenden Samy, einem schmächtigen Inder, staksten wir im Gänsemarsch durch die laute, staubige, klebrige Anlage. Hinter jeder erklommenen Eisentreppe befanden sich im Halbdunkel neue riesige Kessel und Behälter, in denen die unterschiedlichen Bearbeitungsstufen stattfinden, die der Zuckersirup durch macht. Überall trafen wir auf freundliche Arbeiter, die immer wieder uns allen die klebrige Hand schütteln wollten oder zumindest einen kurzen Smalltalk begannen, in dem wir uns die Namen und Nationalitäten gegen den Lärm zubellten. Klebrig war bald alles, besonders die Hände, denn ab Stufe Melasse, gab es von Samy oder den Mitarbeitern immer reichlich Zuckerproben auf die Hand. Durch erwartungsvolles Nicken wurden wir jedesmal aufgefordert, zu probieren. Die heißen Kessel, die Hitze von draußen, alles war hier irgendwie halb drinnen und draußen, der Lärm der Maschinen, klebrigen Hände und Münder und alle folgten wir brav und interessiert auf engen Gitterstiegen unserem Samy. Wir haben in hinterher, unter uns, Mr. Slippery getauft. Denn, da die Franzosen kein englisch konnten und es überhaupt sehr laut war, begleitete er alles, was er sagte, mit einer ausgeprägten Körpersprache und Mimik. Kam ein glitschiger Weg, ging er plötzlich in die Knie, um mit seinem schmalen Hinterteil hin- und her zu wedeln und sich dann mit bedeutungsvollem Blick zu uns umzudrehen, um uns ein “slippery!” zu zurufen. Diese Einlagen allein waren schon einen Besuch der Anlagen wert.
danach
Klebrig schwitzend beeindruckt und wieder um etwas Wissen bereichert, verließen wir die Anlage zum Abschlussgespräch. Es gab noch einige Infos, Adressenaustausch und schließlich sind wir mit dem Sicherheitschef der Anlage, ein indischer Meisterbowler laut eigener Aussage, in seinen nahe gelegenem Bowling Club spaziert. Wir wurden dort zum unvermeidlichen Kavatrinken eingeladen. Es folgten diverse Einladungen zu Bowlen, zum Essen und die Aussicht, nächste Woche die nahegelegene Rumdestillerie, zu besichtigen. Wie schon erwähnt, wird dort ein Teil der Melasse zur Herstellung des starken, braunen Fiji-Rums, Bounty, verwendet.