Buddha, Büffel, Kannibalen

Manchmal ist Zuspätkommen gar nicht so schlecht. Zwar sichert rechtzeitiges Erscheinen die besten Plätze, doch dieses frühe Treiben aus nächster Nähe zu beobachten, war speziell für mich dann doch nicht so wichtig. Jedenfalls, um es kurz zu machen, der Büffel war schon tot als wir ankamen.

 

Der tote Büffel, ausgeweidet und hergerichtet für das Medium.
Der tote Büffel, ausgeweidet und hergerichtet für das Medium.

 

Es bot sich folgendes Bild bei unserer Ankunft um halb zehn (Beginn der Veranstaltung war um 7 Uhr): Eine große Lichtung, drumherum schöne alte Bäume. Am Rand saßen Mönche auf ihren Positionen. Aus den Lautsprechern tönte kraftvoll ihr meditativer Gesang. Auf einer Plane in der Mitte lag der tote Büffel. Drumherum reges Treiben, hauptsächlich Einheimische aus der näheren Umgebung. Über tausend waren es bestimmt. Wer nicht gerade fotografierte, aß oder trank, hatte die Hände zum Wai gefaltet.


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Letzten Samstag war wieder der Vollmondtag des 7. lunaren Monats. An diesem Tag findet jedes Jahr in Chiang Mai, am Fuße des Wat Phratathat Doi Kham, Mae Hia, im National Park Doi Suthep Pui eine in Thailand einzigartige Zeremonie statt: Ling Pee Phu Sae Ya Sae. Eine Opferzeremonie für die gigantischen Geister Phu Sae und Ya Sae, gewissermaßen ein Ehepaar. Doch dazu später. Dies ist kein thailändisches Brauchtum, sondern geht zurück in die Lanna Zeit, genauer, es ist ein Ritual der Lawa, ein altes Bergvolk aus Nordthailand.

 

27 Tänzerinnen symbolisieren die Töchter des gigantischen Geisterpaares. Sie sollen die beiden gnädig stimmen.
27 Tänzerinnen symbolisieren die Töchter des Geisterpaares. Sie sollen die Beiden gnädig stimmen.


Es begab sich also, dass Buddha bei seinen Reisen dieses Gebiet durchstreifte. Er traf auf ein finsteres Volk, das sich nicht scheute, für eine gute Ernte den ein oder anderen Menschen über die Klinge springen zu lassen. Also zu opfern. In manchen Erzählungen geht es sogar um Kanibalismus. Buddha, als Fremder, schien ein willkommenes Opfer. Doch er predigte zu den Einwohnern und versuchte, ihnen das Versprechen abzuringen fortan lieber keine Lebewesen mehr zu töten. Die Familie, mit der er sprach war das Ehepaar Phu Sae und Ya Sae. Sie handelten ihn herunter. Bald einigte man sich darauf, wenn schon keinen Menschen mehr, dann doch wenigsten einen Büffel töten zu dürfen. Der Sohn der Eheleute schloss sich jedoch Buddha an und wurde als Mönch zum Gründer und Schutzpatron von Wat Doi Suthep. Um die hungrigen Geister bis heute bei Laune zu halten, damit sie nicht in alte Gewohnheiten zurückfallen, bietet man den Beiden jedes Jahr einen Büffel als Opfer an.

Das Medium, Rang Song trinkt und bringt sich in Trance für den Kontakt mit Puh Sae und Ya Sae.
Das Medium, Rang Song trinkt und bringt sich in Trance für den Kontakt mit Phu Sae und Ya Sae.

 

Was wir dann noch mitbekommen haben, ist auf den Fotos ganz gut zu sehen. Nach den Rezitationen wurde ein alter, gebeugter Mann zum Büffel geführt. Der Rang Song, gewissermaßen das Medium, durch das die beiden Geister gespeist werden. Er nimmt auf dem Büffel Platz, isst rohes Fleisch, trinkt Hochprozentiges und wiegt sich auf dem Büffel in Trance. Satt und einigermaßen nicht mehr von dieser Welt, wird er zu einem Baum geführt, den er mühsam ein stückweit erklimmt. Warum genau, das habe ich noch nicht herausbekommen. Es könnte sein, dass er dort als Medium den beiden Geistern berichtet, ob alles in Ordnung gewesen sei. Währenddessen wird ein Bild Buddhas, das in einem Baum hängt heftig geschaukelt, um die Geister an ihr Versprechen gegenüber Buddha zu erinnern. Danach macht der Rang Song eine Runde, am Zaun längs. Gegen einen kleinen finanziellen Obolus  werden die Personen direkt am Zaun vom Rang Song berührt. Wieder ein Jahr gute Ernte und ein Leben in Sicherheit für die Einwohner von Mae Hia.


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Im Hintergrund ist das Bild Buddahs zu sehen. Zur freundlichen Ermahnung an das Versprechen schaukelt es an einem dicken Ast.
Im Hintergrund ist das Bild Buddahs zu sehen. Zur freundlichen Ermahnung an das Versprechen schaukelt es an einem dicken Ast.

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