plötzlich fiji

Fijis, das sind die Fidschi Inseln. Sie liegen von Europa aus gesehen, ganz auf der anderen Seite der Erdkugel, wenige Flugstunden nördlich von Neuseeland entfernt. Fiji, ich mag diese drei Punkte hintereinander einfach und bleibe deshalb mal bei der englischen Schreibweise.
Da war also gerade noch Los Angeles und schon ist Fiji. Wobei, ‘Schon’ ist gut, satte 10 Flugstunden in unbequemster Ruhestellung, plus mal eben so ein ganzer Tag, der nicht stattfand (kurz vor Fiji überquert man die Datumsgrenze). Da ist es schon so, dass die Seele eine Zeit braucht um nachzukommen. Manche nennen es Jetlag, aber das sind diejenigen, die Termine haben. Wenn man keine Termine hat, ist man zunächst mal nur müde, besonders wenn man, wie ich, in der unbequemen Flieger-Sardinenstellung nicht schlafen kann. Ist man dann ausgeschlafen, muss man zusehen, dass die Seele nachkommt. Dies kann, je nach Entfernung, Land und Befindlichkeit, schon mal bis zu einer Woche dauern.

einleben

In diesen fünf oder sechs Tagen, die es bei mir gedauert hat, schwankte es in meinem Gemüt und Sosein zwischen euphorischer Entdeckungsfreude und eher gedämpften Staunen. Wie die meisten, für uns “exotischen” Länder, gibt es auch auf den Fijis zwei sehr unterschiedliche Seiten. Zum einen die heile, freundliche Urlaubsinselwelt mit dem weißen Sand, den Kokospalmen und dem türkisfarbenem Meer auf den Koralleninseln und dann eben Fiji, das alltägliche Leben auf den beiden Hauptinseln. Ein Leben mit allen Problemen, die die isolierte Lage und die 1970 zurückgewonnene Unabhängigkeit so mit sich bringen. Das reicht von einer noch sehr ausbaufähigen Infra- und Sozialstruktur, Umweltproblemen, zunehmender HIV Infektionsrate sowie einer inflationär steigenden Rate an NCD (non communicable disease), zum großen Teil hervorgerufen durch Über- und Fehlernährung. Kurz, eine Gesellschaft im Umbruch von einer aus Farmarbeit geprägten Kultur hin zu einer modernen und technisierten Gesellschaft. Zudem die ständig schwelende Dissonanz zwischen den indischen und den melanesischen (ur-fijianischen) Anteilen der Bevölkerung.
Allein schon optisch auffällig, diese grundverschiedenen Menschen: den grazilen, feingliedrigen Indern, mit glatten glänzenden Haaren und den Melanesiern, mit ihrem kräftigem (Rugby)Körperbau und meist kurzgelocktem Kräuselhaar. Hier indisches Daherschreiten mit zunächst zögerlichem, doch dann oft herzlichem Blickkontakt; dort ein melanesischer, wiegender, leicht nach vorn fallender Schlurfgang, allzeit bereit für ein herzerwärmendes Bula-Lächeln. Ach ja, “Bula”, das ist hier die Begrüßung, die bei jeder Begegnung erklingt, sprich: (ganz weich) Mbola.
Und genau in diesem ganzen Mischmasch aus den Höhen und Tiefen offenbart sich, nach längerer Zeit, auch eine Schönheit, die man sich eben erst ein wenig erarbeiten muss. Dann entdeckt man schnell an jeder Ecke offene und freundliche Menschen, die, jenseits von Geschäftemacherei, immer gern bereit sind für einen Plausch. Man liest und hört, wie Bildung und Umwelt zunehmend eine Rolle in der Gesellschaft spielen und wie sich engagierte Bürger und vor allem auch Frauen zunehmend für ihre Themen einsetzen. Da fehlt nicht viel und bei mir springt der Begeisterungsfunke selbst für Rugby und für das Kava-Trinken noch über!
Man lauscht und bewegt sich hüftenschwingend zu der rhythmischen Musik, die hier oft aus den arbeitsbegleitenden Radios tönt. Ein harmonischer, zweistimmiger Gesang, ein wenig Harry Belafonte, ein bisschen Reggae. Es klingt gutgelaunt und immer auch ein wenig sehnsuchtsvoll in Moll. In den Städten ist es dann schnell mal vorbei mit der Harmonie, denn fast jeder Laden hat einen großen Lautsprecher in der Tür stehen und versucht, durch möglichst laute Pop- oder indipopmusik, die Kundschaft in die Läden zu treiben.
Damit dass klar ist, mit diesen und folgenden Zeilen möchte ich natürlich keine Urlaubsträume zerstören und sage schon mal vorab, das mit den Trauminseln (weiß, türkis, etc.), das stimmt so wirklich!! Nie bin ich in ein schöneres Meer abgetaucht! Die Temperatur stimmt, der Wellengang ist sanft und der Blick geht bis auf den Grund. Das erste Mal habe ich hier geschnorchelt und sofort eine unendliche Vielzahl an bunten Meeresbewohnern entdeckt, wow! So kann man wunderbar seinen Tag gestalten! Möchte jemand so oder ähnlich seinen Urlaub auf den Fijis verbringen, dann rate ich, nach einem guten Pauschalangebot (achtung, nicht billig!) für eines der Resorts auf den kleinen Inseln Ausschau zu halten. So lassen sich wunderbar zwei bis drei Wochen Fiji genießen. Die Inseln sind allesamt zauberhaft und es gibt dort eigentlich nur zwei Arten von Unterkünften, Backpacker Resorts und hochpreisige Resorts. Wichtig bei allem ist eine Verpflegung inklusive zu buchen, denn auf den meisten Inseln gibt es keine Restaurants, Orte oder gar Supermärkte. Trinkwasser wird meist zu Apothekerpreisen in den kleinen resorteigenen Shops zwischen Sonnenmilch und Schnorchelmasken verkauft. Das zwischendurch mal auf die Hauptinsel fahren, wird einem durch ein Monopol-Transportsystem madig gemacht. Es ist teuer und von der Hauptinsel nur als halb- oder ganztägiges Bespaßungspaket zu buchen. Wirklich ärgerlich! Einfach mal so auf eine Insel oder über mehrere Inseln zu hüpfen ist nicht möglich, bzw. wird auch nur wieder in geordnete Combo- und Island Hoppingpässe verpackt und verkauft. Zwar gibt es hier und da kleine Halb-private Anbieter, die Dich ein wenig günstiger zu Deinem Backpacker-Resort bringen, aber Dich einfach auf einer Insel absetzen und abends wieder abholen, das dürfen sie anscheinend nicht. Diese Trauminseln sind allesamt in den Händen weniger Cruisinggesellschaften und der Inselresorts. Genau dies macht hier ein planloses, lustvolles und spontanes Treibenlassen als Weltenbummler (im mittleren Alter, mit mittlerem Anspruch und Budget) sehr schwierig. Aber dennoch ist es nicht unmöglich!

alltag

Nach 2 Wochen auf der Hauptinsel Viti Levu haben wir für uns den Bogen raus. Wir haben eine günstige Langzeitunterkunft für die ganzen 6 Wochen, mit genügendem Komfort und netten Kontakten. Da muss ich gerade schmunzeln, denn mein Blick geht durchs Küchenfenster auf die hintere Veranda, da weht unsere Wäsche auf der Leine lustig im Wind. Der Wasserkocher rauscht vor sich hin und zwei Tassen mit körnigem Kaffeepulver warten auf das heiße Nass. (Ja, richtig gehört, Pulverkaffee, ist hier allgegenwärtig. Einen richtigen Cappuccino oder Filterkaffee gibt es nur in ausgesuchten Läden und ein Besuch dort gehört für uns durchaus zu den kulinarischen Highlights.) Nach den zwei Monaten steter Unrast in den USA, stellen sich jetzt geradezu vertraute und heimische Gefühle ein. Bestimmte Rituale und Gewohnheiten haben sich eingefunden, hier in dieser völlig fremden und ungewohnten Umgebung. Und das genieße ich durchaus. Z.B. jeden Tag einen ausgiebigen Strandgang oder täglich eine “The Fiji Times” zu kaufen und sie im Laufe des Tages auch von vorn bis hinten zu lesen. Als Zeitungs-und Zeitschriftenjunkie ist für mich der Übergang von den USA, mit der riesigen Auswahl an Druckerzeugnissen, hin zu den Fijis, mit eigentlich nur einer lesbaren Tageszeitung, recht krass! Übrigens ist “The Fiji Times”, die erste Tageszeitung, die jeden Tag auf der Welt erscheint, hat was, oder?

happyend

Von unserem Dauer-Domizil aus, bei Nadi gelegen, werden wir noch viele Touren unternehmen, in die Berge, in die Hauptstadt Suva, in die “Zuckerstadt” Lautoka, zu den großen Sanddünen nach Rakiraki, an die Korallenküste, zu den heißen Quellen und immer wieder mal auf eine Insel (natürlich mit einem zuvor gebuchten Rundumsorglos-Kit ;-).
… und wieder stelle ich fest, dass ich Euch so viel noch gar nicht erzählt habe. Was ist mit unserer ersten Kava-Nacht, der zweiten und dritten? wer nimmt wen warum unterwegs mit und wie ist es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren? Wie und was wird gekocht, was auf den Märkten verkauft? Wie sehen die Besen aus und was ist das beliebteste Schuhwerk? Noch kein Wort, von ein paar schillernden Fischen abgesehen, habe ich über die eindrucksvollen Tier- und Pflanzenwelt verloren oder über die Mode: Männer in Röcken! Absolut nachahmenswert, das sieht richtig gut aus! …. aber davon und mehr ein anderes Mal.